Die letzten drei Rage waren geprägt von Regen, Emotionen und langen Etappen – insgesamt habe ich über 100 km zurückgelegt.
Die letzten drei Tage waren außerdem geprägt von der Idee, am Sonntag bis auf 10km nach Santiago zu gehen, um dann Montag früh möglichst zeitig in Santiago einlaufen zu können – noch bevor die ganzen Touregrino Massen unterwegs sind – denn diese haben sich in den letzten drei Tagen als echt Belastung herausgestellt: Laut, zahlreich und unangenehm … die letzten 100km werden immer mehr zur Partymeile.
Die letzten Tage war leider auch das Wetter nicht so gut. An Tag 28 hat es stellenweise so heftig geregnet, dass trotz Poncho meine Hose komplett durchnässt war. Die Hose lauf auf Schuhe und Socken auf und das Wasser, was sich in den Hosenbeinen sammelte, lief über die Socken in die Schuhe – da war aber auch im Wald bzw. Zwischen Feldern abseits von Dörfern oder anderen Möglichkeiten, Schutz zu suchen, unterwegs waren, hatte ich auch keine Möglichkeit, meine Socken zu wechseln. Mir blieb also nichts andere übrig, als etwa 2 Stunden durch den Regen, in nassen Klamotten und Schuhen zur nächsten Bar zu gehen, um dort meine Füße zu trocknen und meine Socken zu wechseln … als Folge davon, habe ich es tatsächlich geschafft mir drei Tage vor Ende meiner Tour meine erste Blase zu laufen und gleichzeitig einen Schnupfen eingefangen. Abends war ich jedenfalls bedient – und nach 37km so müde, dass ich froh war, vor dem nächsten Unwetter meine Herberge in Ligonde erreicht zu haben …
Die Tour selbst war aber sehr schön und bei besserem Wetter hätte ich sie auch besser genießen können – wenigsten war ich nicht alleine sondern mit Joe unterwegs.
















Die Herberge war sehr gemütlich – eine kleine „Donativo“ die den Geist des Camino aufrecht erhält und ehrenamtlich auf Spendenbasis betrieben wird. Ich hatte Glück, denn auf dem oberen Stockwerk waren bereits alle Betten belegt – es war extrem eng dort – so dass man mir anbot ein Bett in der ehemaligen Garage aufzubauen, die jetzt zum musizieren und Filme gucken genutzt wird. Wir waren nur zu dritt dort – viel Platz und keine Schnarcher …
Joe is noch 8 km weiter nach Palas des Reis gegangen …
Am nächsten Morgen hatte ich 26 km auf dem Plan – es sollte bis Melide gehen. Der Weg war geprägt von Touregrinos (Menschen die den Camino als Urlaub betrachten, in großen Gruppen unterwegs sind, Koffer per Gepäcktransport vorschicken und nur mit kleinen, leichten Daypacks unterwegs sind, dabei über Lautsprecher Musik hören oder anderweitig Krach machen – dazu gehören aber auch die Busgruppen, die zu einem schönen Punkt gefahren werden, dort ein paar km gehen, wie die Geier auf Stempelsuche sind und am Ende der kurzen Strecke wieder in den Bus steigen um zum nächsten Punkt gefahren zu werden – das alles ist sehr unangenehm, hat mit dem Geist des Caminos nichts zu tun und raubt dem Weg seine Schönheit …
Bis Palas des Reis ging es jedenfalls aber da Palas des Reis eine offizielle Zwischenetappe ist, und es auch schon halb neu war, kamen die ganzen Gruppen aus ihren Unterkünften gekrochen … Aber egal – ich versuchte es so gut wie möglich zu ignorieren und steuerte langsam Melide an – die Blase nervte gewaltig und ich kam nur relativ langsam voran – gegen 13 Uhr war ich in Melide – leider gab es aber keine Betten mehr … Ich musste bis ins 12 km weiter entfernte Arzua … ich kam noch bis ins 8km entfernte Boente aber dann haben meine Füße gestreikt … die letzten 6km bin ich mit dem Bus gefahren. Um 15 Uhr war ich in Arzua und viele Erinnerungen von meinem Letzten Camino kamen hoch … in Arzua hatte ich Glück – eine große Herberge hatte noch Betten und so konnte ich mich ausruhen – und traf Joe aber auch Moritz und Julia wieder! Wir haben uns zum gemeinsamen Abendessen verabredet – ich habe gekocht und die anderen haben Getränke mitgebracht – so hatten wir einen lustigen Abend bis ca. 22 Uhr …
Heute ging es dann etwas später los – es war sehr ruhig im Schlafsaal – das erste Mal, dass ich tatsächlich durch meinen Wecker geweckt wurde.
Nach Versorgung meiner Blase und meiner Füße ging es dann auch um 7:30 los – 30km standen auf dem Plan … es waren wieder sehr viele Touregrinos unterwegs aber auch bekannte Gesichter. Unterwegs kam es immer mal zu Pausen – ich wusste, dass Joe versuchen würde aufzuschließen, damit wir ein Stück des Weges noch zusammen gehen konnten – er wollte ja heute schon nach Santiago. Der Weg Warnemünder sehr hügelig – mit machte das aber kaum noch was aus. Meine Füße hatte ich inzwischen in den „Ignoriermodus“ versetzt und ging km um km in Richtung O Pedrouzo – Ziel für die Mittagspause. Ich kam an einigen Stellen vorbei, die ich schon mal passiert hatte und einige Erinnerungen kamen wieder hoch. Ich hatte auch eine kurzen Austausch mit Mischa, den ich vor zwei Jahren hier kennengelernt hatte.
An der Taverne, an der ich vor drei Jahren das erste Mal mit dem Camino Frances vom Camino Norte nach Wochen des einsamen Wanders in Berührung gekommen bin und buchstäblich geschockt über die Massen an Pilgern gewesen war, habe ich Joe getroffen – die Freude war groß und auch eine andere Pilgerin, die Joe kannte gesellte sich zu uns … wir gingen den Rest des Weges gemeinsam, aßen in O Pedrouzo zusammen zu Mittag, gingen am Flughafen vorbei, passierten den Wegstein von Santiago und in Lavacolla trennten sich unsere Wege vorerst wieder.
Morgen erreiche in Santiago – inzwischen zum fünften Mal – aber jedesmal ist es etwas besondere – und jedesmal ist es anders! Ultreia!















